Aussichten 2022 für Chemiker

Wie jedes Jahr versuche ich in den folgenden Absätzen herauszuarbeiten, was wir meiner Meinung nach 2022 erwarten können.

Allgemeine Trends 2022

Homeoffice

Relativ offensichtlich ist, dass mit Corona ein Umbruch begonnen hat, wie in deutschen Unternehmen gearbeitet wird. Vor 2020 gab es Homeoffice nur in Ausnahmefällen für einzelne Personen. Es gab wohl die Angst vor Kontrollverlust, das wurde aber so nicht gesagt. Es hat sich jetzt aber gezwungenermaßen gezeigt, dass längere Homeoffice-Phasen kein Problem für das Funktionieren auch mittelständischer Unternehmen sind.

Vermutlich wird es sich aber zeigen, dass es durchaus vorteilhaft ist, die Kollegen auch persönlich zu treffen. Vielleicht bemühen sich die Arbeitgeber dann, dass die Mitarbeiter gerne ins Büro kommen für soziale Kontakte. Das könnte durch eine gute Kantine oder durch Veranstaltungen erfolgen, die keine fachlichen Themen haben sondern die Vernetzung zum Ziel haben.

Nachhaltigkeit

Nachhaltigkeit ist sicherlich kein Treiber für das Homeoffice, auch wenn das vielleicht anders dargestellt wird. Aber das Homeoffice hilft, Pendelfahrten und -zeiten zu vermeiden.

Wegen des Klimawandels wird das Thema Nachhaltigkeit aber mehr in den Vordergrund treten, von den Produkten über die Prozesse bis zu den Gebäuden. Mehr dazu unten bei Energiewende.

Chemieindustrie

Digitalisierung und KI

Meine Wahrnehmung ist, dass die Digitalisierung in Deutschland noch in einer frühen Phase ist.

In den Unternehmen fehlen Fachkräfte (für die Digitalisierung!), die sich anscheinend auch nicht schnell genug ausbilden lassen. Vielleicht auch deswegen werden längst noch nicht alle Daten gesammelt, die in Zukunft wichtig werden könnten.

Unternehmensübergreifend fehlen Standards zum Datenaustausch z.B. für Rohstoffdaten oder Reaktionsdaten. Kann hier eine Blockchain helfen? Später vielleicht, aber zunächst braucht es den Willen, dann die Technologie.

Für KI gibt es meines Wissens ein paar Nischenanwendungen in der Bildanalyse, in Buchhaltungsprozessen und für Chatbots. Kennt Ihr da mehr?

Vielleicht kommen ja in diesem Jahr die Killeranwendungen für KI oder Blockchain…

Auf alle Fälle ist dieser Themenkomplex ein Bereich, wo Chemiker mit Affinität zur IT gesucht werden.

Energiewende

Erste Fortschritte bei der Energiewende sind gemacht, aber es gibt noch viel zu tun, das ist in der Chemieindustrie angekommen.

Zumindest hört und liest man jetzt schon viel über die Energiewende und die Herausforderungen für die Chemieindustrie, saubere Energie zu bekommen. Unternehmen wie die BASF bauen Windparks (siehe auch eine Publikation der BASF zur Energiewende). Für eine optimale Ausnutzung der Energie benötigt man bestimmt auch viele Daten (siehe Digitalisierung).

Immer noch spannend sind Speichertechnologien, vom Akku bis zu chemischen Power-to-X-Umwandlungen, wo neue Katalysatoren und Materialen zum Einsatz kommen werden. Das klingt nach einer Spielwiese für chemische Startups.

Arbeitsmarkt

Wenn man den Prognosen glaubt, haben wir einen immer stärker werdenden Fachkräftemangel, gleichzeitig stellen die Arbeitnehmer mehr Bedingungen. Z.B. möchten viele mehr Homeoffice und flexible Arbeitszeiten. Und immer wieder wird geschrieben, dass durch die Pandemie immer mehr Leute den Sinn ihrer Arbeit anzweifeln und sich umorientieren. Ich bin skeptisch, ob das tatsächlich zutrifft :).

Geht man noch davon aus, dass die Pandemie zu einem Ende kommt und die Lieferschwierigkeiten weniger werden, sollte es zu einer höheren Nachfrage nach Chemikern kommen. Wir werden es ja am Gehalt sehen, das auch wegen der Inflation stärker steigen müsste.

Wobei, da war noch was. Wie schon mehrfach geschrieben, muss die Industrie zu einem nachhaltigen Operationsmodus transformiert werden. Das wird nur mit hohen Investitionen gehen und benötigt vermutlich hochqualifizierte Mitarbeiter, die spezielle Fähigkeiten haben. Wenn es davon zu wenig gibt, gefährdet das die Transformation und die chemische Industrie in Deutschland und Europa. Das wird sich aber vermutlich im kommenden Jahr noch nicht auswirken, daher bin ich vorsichtig optimistisch.

Und sonst?

Den Erfolg der mRNA-Impfstoffe gegen Coronaviren hat ja jeder mitgekriegt. Ein großer Vorteil dieser Impfstoffe ist die „Programmierbarkeit“ und somit eine schnellere Entwicklung. Das wird nicht gegen alle Krankheiten funktionieren, aber es ist ein großer Fortschritt. Beginnt damit und mit Technologien wie CRISPR/Cas aein neues goldenes Zeitalter für die Pharmaindustrie? Das hoffe ich, und das wäre schön. Aber mal sehen.

Was habe ich Eurer Meinung vergessen? Ergänzt gerne in den Kommentaren.

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