Arbeitslose Chemiker über die Zeit

Arbeitslose und suchende Chemiker über die Zeit (Stand August 2024).

Im Bild gezeigt ist eine Zeitreihe der statistischen Daten der Arbeitsagentur für arbeitslose Chemiker und für arbeitssuchende Chemiker. Von den Arbeitslosen zeige ich extra die Experten an. Die Arbeitsagentur rechnet Chemiker nach einem mindestens vierjährigen Studium zu den Experten (http://doku.iab.de/fdz/reporte/2013/MR_08-13.pdf).

Die Daten werden von mir aus der Webseite der Agentur für Arbeit heruntergeladen und monatlich gegen die Zeit aufgetragen.

Die Entwicklung für arbeitslose Chemiker

Von 2012 bis 2016 gab es immer mehr arbeitslose Chemiker, die Experten sind. Dieser Trend kehrte sich dann um. Ende 2018 waren wir dann auf dem gleichen niedrigen Stand wie 2012. 2020 machte sich die Corona-Pandemie bemerkbar, nach dem Hoch Ende 2021 gab es einen Abfall bis Ende 2023. Seitdem ist die Kurve relativ konstant.

Arbeitssuchende Chemiker bewegten sich bis 2017 auch nach oben, 2018 waren die Zahlen aber so niedrig wie vor diesem Anstieg. Allerdings könnte man interpretieren, dass seit Anfang 2019 wieder eine Aufwärtsbewegung stattfindet, die 2020 von der Coronakrise seit Mai 2020 massiv verstärkt wird. Wie bei den Gesamtarbeitslosen erholten sich die Zahlen ab 2021 aber wieder. Seiet dem Tief Anfang 2022 steigen die Zahlen wieder an und sind Stand August 2024 wieder auf einem hohen Stand.

Bei den arbeitslosen Chemikern insgesamt scheint es ein starkes saisonales Muster zu geben, was man bei den Experten nur sehr schwach ausgeprägt findet. Immer im Herbst werden die Arbeitslosenzahlen geringer. Durch die Coronakrise wurde ab April 2020 deutlich die 10.000er Marke überschritten, 2021 entspannte sich die Lage aber wieder. Bis 2024 schien es weiterzugehen wie vor der Pandemie, jetzt sieht man allerdings einen deutlichen Aufwärtstrend.

Von den Daten der Arbeitsagentur her deutete bis Ende 2019 alles darauf hin, dass wir für Chemiker einen sehr entspannten Arbeitsmarkt in Deutschland hatten. Und das trotz immer höheren Promovierendenzahlen (siehe z.B. mein Post über die Anfängerzahlen 2017). Dreht sich das gerade wieder?

6 Gedanken zu „Arbeitslose Chemiker über die Zeit“

  1. Hallo,
    ich bin 78 Jahre alt und Physiker von Beruf. Ich beobachte den Arbeitsmarkt seit mehreren Jahrzehnten. Die Krise auf dem Arbeitsmarkt für Chemiker begann bereits Mitte der 70er Jahre nach der Ölkrise und nicht erst ab 1983 wie in einer Berufs-
    beschreibung für Chemiker zu lesen war. Die chemische Großindustrie stellte damals so gut wie keine Chemiker ein. Bei der Hoechst AG bewarben sich Promovierte auf Chemielaborantenstellen und erhielten prompt eine Absage. Diese Firma zahlte z.B. lieber eine Behindertenabgabe ganz im Gegensatz zur Degussa. Natürlich spielte bei der Einstellung auch der Doktorvater eine wesentliche Rolle.
    Viele arbeitslose Chemiker wechselten in den Schuldienst nach einem Ergänzungs-
    studium in Pädagogik und einem zweiten Fach (ab 1974 Voraussetzung für Querein-
    steiger), wurden Pharmareferenten oder begannen ein Zweitstudium (in der Regel
    Medizin). Das Arbeitsamt bot u. a. eine neunmonatige Weiterbildung über die Firmen Siemens oder CDI (Control Data Institut) zum Organisationsprogrammierer an.
    Der Teilnehmer erhielt eine Grundausbildung in den Programmiersprachen Assembler,
    Cobol und Fortran sowie in BWL (teilweise extern bei EBS in Oestrich-Winkel).
    Die Folge dieser Einstellungspolitik war ein starker Rückgang der Anfängerzahlen im
    Studienfach Chemie. Professoren dozierten vor halbleeren Hörsälen. Abiturienten
    interessierten sich jetzt für ein Studium der Biochemie, sodaß ein NC eingeführt
    werden mußte. Professoren gelang es z.B. ca. 30 abgelehnte Bewerber für ein
    Chemiestudium zu überreden. Dies war der höchste Anstieg der Studierendenzahlen
    in Chemie an der JWG-Uni seit Jahren.
    Im Studienfach Physik gab es eine ähnliche Krise auf dem Arbeitsmarkt, die Mitte
    der 90er Jahre ihren Höhepunkt erreichte. Die Industrie stellte damals so gut wie
    keine Physiker ein. Ich verweise auf zwei Beiträge in der Rubrik „Was werden“
    (Autor u. a. F. Henninger von der ZAV), nachzulesen im FAZ-Archiv.
    Heute können z.B. Naturwissenschaftler wieder als Quereinsteiger in den Schuldienst
    wechseln ohne ein Ergänzungsstudium anzuhängen, eine Folge der gewaltig gestiegenen
    Migrantenzahlen. Tempora mutantur…
    Was die GDCh betrifft, so bin ich überrascht von der außergewöhnlich positiven
    Berichtserstattung über den Arbeitsmarkt für Chemiker. Ähnlich verhält es sich bei
    der DPG. Über Naturwissenschaftler, die sich unter ihrem Ausbildungsniveau als
    PTAs, Laboranten usw. verdingen müssen, wird so gut wie nicht berichtet. Dort wird eine heile Welt vorgegaukelt, die in Wirklichkeit gar nicht existiert.
    Mein Neffe ist als promovierter Chemiker mit dem industrienahen Spezialgebiet „Farben
    und Lacke“ seit zehn Jahren arbeitslos, ohne eine Chance je wieder eingestellt zu
    werden. In den Schuldienst will er nicht gehen.
    Generell kann man sagen, daß es mit der deutschen Industrie abwärts geht bedingt
    auch durch hohe Nebenkosten für Gas und Strom. In der Automobilindustrie stehen
    Massenentlassungen bevor, eine Firma wie die Bayer AG steht nach der Übernahme
    von Monsanto vor einer Klagewelle usw.
    Wußten Sie, daß das KKW Biblis die Hälfte des für Hessen benötigten Stroms lieferte?
    Ist es dann überhaupt noch sinnvoll, eine Industrietätigkeit anzustreben trotz des
    vielfach beklagten Mangels an MINT-Arbeitskräften?
    Eine Folge dieses Umstandes ist, daß viele Abiturienten z.B. ein Jurastudium aufnehmen, um später im öffentlichen Dienst zu arbeiten.

    CDI (Control Data Institut) zum Organisa

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  2. Ich habe nach fast 200 Bewerbungen jetzt eine CTA-Stelle in einem Analytiklabor bekommen. Bachelor, Master, Promotion und 2 Jahre PostDoc hätte ich mir sparen können…

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  3. Nur komisch, dass ich als arbeitssuchender Experte sei bald 12 Jahren nach geeigneten Stellen in der medizinischen Chemie suche, keine finde und mich notgedrungen auf Stellen gür Chemielaboranten bewerben muss.

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    • Hallo,
      das ist schade. Es hört sich so an, dass es nicht einfach ist, nach längerer Zeit wieder reinzukommen in den Arbeitsmarkt. Ich drücke Dir die Daumen, dass es noch klappt, vielleicht auch in einem angrenzenden Feld der Chemie?

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      • Habe jetzt als promovierter Chemiker nach 13 Jahren eine 450 € Stelle in der Schadstoffannahme (Deponie) bekommen. Das ist quasi meine erste feste Stelle mit dem Abschluss Chemie Diplom. Das ist ziemlich bescheiden, wenn man bedenkt, dass ich mittlerweile ca. 2000 Bewerbungen geschrieben habe.

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